Arbeitsschutz aus Unternehmersicht

Als Geschäftsführer:in in der Industrie- oder Baubranche trägst du eine enorme Verantwortung – nicht nur für deine Projekte, deine Kunden und deine Gewinne, sondern auch für die Sicherheit deiner Mitarbeitenden. Arbeitssicherheit ist kein „Nice-to-have“, sondern eine gesetzliche Pflicht. Verstöße können teuer werden und im schlimmsten Fall sogar strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen.

In meinem heutigen Artikel möchte ich dir die wichtigsten Pflichten und praktischen Maßnahmen rund um Gefährdungsbeurteilungen, Unterweisungen, Betriebsanweisungen und Gefahrstoffmanagement aufzeigen. Du erfährst, was du wirklich brauchst, wie du typische Fehler vermeidest und warum gerade Azubis besondere Aufmerksamkeit verdienen.

Das erwartet dich

Warum Arbeitssicherheit in der Industrie- und Baubranche Chefsache ist

Wenn du in der Industrie oder im Baugewerbe tätig bist, kommst du um das Thema Arbeitssicherheit nicht herum. Viele Geschäftsführer:innen glauben, dass diese Aufgabe vollständig an Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder externe Dienstleister abgegeben werden kann. Doch das ist ein gefährlicher Irrtum. Am Ende stehst du in der Verantwortung – gesetzlich und persönlich.

Unfälle passieren schnell: ein falscher Griff, ein unsicheres Arbeitsmittel, ein ungeschulter Azubi, der eine Maschine falsch bedient. Selbst scheinbar kleine Vorfälle können gravierende Folgen haben – für den betroffenen Mitarbeitenden, für den Betrieb und für dich als Geschäftsführer:in. Behörden und Gerichte interessieren sich in solchen Fällen nicht dafür, ob du „nichts gewusst“ hast. Unwissenheit schützt dich nicht.

Darum ist es entscheidend, dass du deine Pflichten kennst und nachweisen kannst, dass du sie auch erfüllst. Dazu gehören unter anderem eine aktuelle Gefährdungsbeurteilung, klare Betriebsanweisungen und regelmäßige Unterweisungen deiner Mitarbeitenden. Arbeitssicherheit ist also kein bürokratisches Hindernis, sondern ein Schutzschild – für deine Leute und für dich.

Gefährdungsbeurteilungen: Dein Fundament für Arbeitssicherheit in der Industrie- und Baubranche

Die Gefährdungsbeurteilung ist das Herzstück des Arbeitsschutzes. Sie bildet die Grundlage dafür, dass deine Mitarbeitenden sicher arbeiten können und dass du rechtlich abgesichert bist. Viele Geschäftsführer:innen unterschätzen diese Aufgabe oder sehen sie als reine Pflichtübung. Doch eine gute Gefährdungsbeurteilung kann dir nicht nur Ärger mit Behörden ersparen, sondern auch Ausfallzeiten und Kosten verhindern.

In einer Gefährdungsbeurteilung analysierst du systematisch alle Tätigkeiten und Arbeitsmittel in deinem Betrieb. Wo gibt es Risiken? Welche Gefahren können auftreten? Welche Schutzmaßnahmen sind notwendig? Das betrifft nicht nur große Maschinen oder Baustellen, sondern auch vermeintlich harmlose Dinge wie Reinigungsmittel, Leitern oder elektrische Geräte.

Wichtig ist, dass die Gefährdungsbeurteilung aktuell ist. Dein Betrieb verändert sich ständig: neue Maschinen, neue Arbeitsstoffe, neue Projekte. Jedes Mal können sich Gefährdungen ändern. Deshalb darf die Gefährdungsbeurteilung kein einmaliges Dokument sein, das in der Schublade verschwindet. Sie ist ein lebendes System, das du regelmäßig überprüfen und anpassen musst.

Betriebsanweisungen und Unterweisungen: So schützt du deine Mitarbeitenden richtig

Betriebsanweisungen und Unterweisungen sind die direkte Umsetzung deiner Gefährdungsbeurteilung. Sie sorgen dafür, dass deine Mitarbeitenden nicht nur wissen, welche Gefahren es gibt, sondern auch, wie sie sich konkret verhalten sollen.

Eine Betriebsanweisung beschreibt klar und verständlich den sicheren Umgang mit Arbeitsmitteln oder Gefahrstoffen. Sie ist schriftlich festzuhalten und muss für die Mitarbeitenden jederzeit zugänglich sein. Doch allein eine Betriebsanweisung reicht nicht. Deine Mitarbeitenden müssen diese Informationen auch verstehen und praktisch anwenden können. Genau hier kommt die Unterweisung ins Spiel.

Unterweisungen sind nicht optional, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Sie müssen regelmäßig stattfinden – mindestens einmal im Jahr, in vielen Fällen auch öfter. Sie dienen nicht nur dem Schutz deiner Mitarbeitenden, sondern auch deiner rechtlichen Absicherung. Denn wenn es zu einem Unfall kommt, musst du nachweisen können, dass deine Leute richtig geschult waren.

Eine gute Unterweisung ist praxisnah, verständlich und auf die konkreten Tätigkeiten zugeschnitten. PowerPoint-Folien allein bringen wenig. Setze lieber auf Beispiele aus dem Alltag deiner Mitarbeitenden und sprich Probleme an, die wirklich auftreten. So stellst du sicher, dass das Wissen hängen bleibt.

Besonderheiten bei Azubis: Wichtiger Teil der Arbeitssicherheit in der Industrie- und Baubranche

Azubis sind für viele Unternehmen in der Industrie und Baubranche unverzichtbar. Doch gerade junge Mitarbeitenden haben oft noch kein Bewusstsein für Risiken. Sie unterschätzen Gefahren, überschätzen ihre Fähigkeiten oder sind schlicht unachtsam.

Darum gilt für Azubis eine besondere Regel: Sie müssen mindestens zweimal im Jahr unterwiesen werden. Das ist nicht nur sinnvoll, sondern auch vorgeschrieben. Deine Auszubildenden brauchen klare Anweisungen und regelmäßige Erinnerungen, damit sie sicher arbeiten.

Aus meiner Erfahrung weiß ich: Viele Azubis starten völlig ohne Risikobewusstsein. Sie gehen leichtsinnig an gefährliche Situationen heran, weil sie die Folgen nicht einschätzen können. Manche nehmen Risiken sogar als „Herausforderung“ wahr. Genau deshalb liegt es an dir und deinen Führungskräften, diese jungen Leute gezielt an die Hand zu nehmen.

Eine gute Azubi-Unterweisung ist praxisnah, wiederholt die wichtigsten Basics und sensibilisiert für konkrete Gefahren im Betrieb. Nimm dir die Zeit dafür – es zahlt sich aus, denn ein einziger Unfall kann alles verändern.

Deine Rolle als Geschäftsführer:in: Darfst du selbst unterweisen?

Eine Frage taucht in Gesprächen mit Geschäftsführer:innen immer wieder auf: Darf ich als Geschäftsführer:in überhaupt selbst unterweisen? Die klare Antwort lautet: Ja, natürlich darfst du das. Mehr noch – es gehört sogar zu deinen Pflichten.

Du musst nicht für jede Unterweisung einen externen Experten einkaufen. Solange du in deinem Bereich fachlich nicht völlig fremd bist, kannst und sollst du deine Mitarbeitenden direkt anweisen. Denn du bist rechtlich derjenige, der die Verantwortung trägt.

Manche glauben, man brauche dafür spezielle „Scheinchen“ oder Zertifikate. Das ist in den allermeisten Fällen nicht so. Wichtig ist, dass du die Gefährdungen kennst und die Schutzmaßnahmen erklären kannst. Und vergiss nicht: Ein „ich habe das nicht gewusst“ wird vor Gericht nicht akzeptiert. Unwissenheit zählt als Schuldeingeständnis.

Wenn du also Betriebsmittel, Maschinen oder Gefahrstoffe in deinem Unternehmen einsetzt, musst du auch dafür sorgen, dass jeder Mitarbeitender weiß, wie er damit sicher umgehen kann. Das ist keine Option, sondern deine Pflicht.

Gefahrstoffverzeichnis: Ein Muss für Arbeitssicherheit in der Industrie- und Baubranche

Viele Betriebe scheitern beim Thema Gefahrstoffe. Mal fehlt die Übersicht, mal sind die Unterlagen veraltet oder unvollständig. Dabei ist es gar nicht so kompliziert, ein sauberes Gefahrstoffverzeichnis zu führen.

Das Wichtigste: Es handelt sich um eine lebende Liste. Gefahrstoffe kommen und gehen, werden ersetzt, erweitert oder reduziert. Dein Verzeichnis muss diesen aktuellen Stand widerspiegeln. Es ist aber nicht nötig, jede Woche eine neue Version anzulegen. Entscheidend ist, dass die Liste grundsätzlich aktuell ist und deine Mitarbeitenden jederzeit Zugang haben.

Typische Gefahrstoffe in der Bau- und Industriebranche sind zum Beispiel Reinigungsmittel, Lösungsmittel, Schmierstoffe oder bestimmte Bauchemikalien. All diese Stoffe bergen Risiken, die du im Blick behalten musst. Achte darauf, alte oder verbotene Stoffe rechtzeitig auszumustern. Wer noch Piktogramme aus den 90er-Jahren auf seinen Kanistern findet, sollte dringend aufräumen.

Praktische Tipps für den Umgang mit Sicherheitsdatenblättern

Immer wieder kommt die Frage auf: Muss ich Sicherheitsdatenblätter für alle Gefahrstoffe ausdrucken und bereithalten? Die Antwort lautet: Nein. Wichtig ist nur, dass sie zugänglich sind. Das kann digital in einem Explorer-Ordner sein oder in einer betrieblichen Softwarelösung. Entscheidend ist, dass deine Mitarbeitenden jederzeit nachschauen können, welche Schutzmaßnahmen bei einem bestimmten Stoff einzuhalten sind.

Besonders wichtig sind Sicherheitsdatenblätter für Reinigungskräfte und andere Mitarbeitenden, die regelmäßig mit Gefahrstoffen arbeiten. Hier solltest du gezielt Unterweisungen durchführen und sicherstellen, dass jeder weiß, wann Handschuhe, Atemschutz oder Schutzbrillen notwendig sind.

Auch hier gilt: Prüfe regelmäßig, welche Stoffe tatsächlich noch im Einsatz sind. Manchmal stehen alte Kanister jahrelang in einer Ecke, ohne dass jemand sie nutzt. Solche Altlasten sind ein unnötiges Risiko.

Typische Fehler im Arbeitsschutz und wie du sie vermeidest

Viele Geschäftsführer:innen machen im Bereich Arbeitssicherheit ähnliche Fehler. Die häufigsten sind:

  • Veraltete Unterlagen – Gefährdungsbeurteilungen, die seit Jahren nicht aktualisiert wurden.
  • Fehlende Unterweisungen – vor allem bei Azubis oder kurzfristigen Aushilfen.
  • Unklare Verantwortlichkeiten – niemand fühlt sich zuständig, weil man glaubt, die Fachkraft für Arbeitssicherheit regelt alles.
  • Mangelnde Dokumentation – Unterweisungen werden durchgeführt, aber nicht schriftlich festgehalten.
  • Gefahrstoff-Chaos – keine Übersicht, veraltete Chemikalien und fehlende Sicherheitsdatenblätter.

All diese Fehler lassen sich leicht vermeiden, wenn du systematisch vorgehst und dir feste Routinen schaffst. Nutze Vorlagen. Dokumentiere konsequent. Und prüfe regelmäßig, ob dein Arbeitsschutzsystem noch zur Realität in deinem Betrieb passt.

5 häufige Fragen zur Arbeitssicherheit in der Industrie- und Baubranche

1. Muss ich als Geschäftsführer:in persönlich Unterweisungen durchführen?

Ja, das darfst und sollst du. Du bist gesetzlich verantwortlich, und deine Mitarbeitenden nehmen Unterweisungen von dir oft besonders ernst.

2. Wie oft müssen Mitarbeitende unterwiesen werden?

Mindestens einmal pro Jahr, bei Azubis sogar zweimal. Zusätzliche Unterweisungen sind nötig, wenn sich Arbeitsmittel oder Abläufe ändern.

3. Wie führe ich eine Gefährdungsbeurteilung richtig durch?

Erfasse alle Tätigkeiten, Maschinen und Gefahrstoffe, bewerte Risiken und leite Schutzmaßnahmen ab. Aktualisiere regelmäßig.

4. Muss ich wirklich ein Gefahrstoffverzeichnis führen?

Ja, es ist Pflicht. Dein Verzeichnis muss aktuell sein, alle Stoffe erfassen und für Mitarbeitende zugänglich bleiben.

5. Was passiert, wenn ich meine Pflichten im Arbeitsschutz vernachlässige?

Du riskierst Bußgelder, Schadensersatz oder sogar strafrechtliche Folgen. Ein funktionierendes Arbeitsschutzsystem schützt dich davor.

Fazit: Sicherheit ist Investition, keine Last

Arbeitssicherheit kostet Zeit und manchmal auch Geld. Doch sie ist kein lästiges Hindernis, sondern eine Investition – in die Gesundheit deiner Mitarbeitenden, in die Stabilität deines Unternehmens und in deine eigene rechtliche Absicherung.

Als Geschäftsführer:in bist du verpflichtet, Gefährdungsbeurteilungen zu erstellen, Betriebsanweisungen bereitzustellen, Mitarbeitende zu unterweisen und ein Gefahrstoffverzeichnis zu führen. Wenn du diese Grundlagen im Griff hast, bist du auf der sicheren Seite.

Vergiss nicht: Gerade Azubis brauchen besondere Aufmerksamkeit. Sie sind die Zukunft deines Unternehmens – aber nur, wenn sie gesund bleiben.

Mein Tipp: Fang einfach an. Lade dir die Vorlagen herunter, erstelle eine saubere Gefährdungsbeurteilung, richte eine klare Struktur für Unterweisungen ein und überprüfe regelmäßig dein Gefahrstoffverzeichnis. Schon mit diesen Basics vermeidest du die größten Risiken.

👉 Wenn du dir unsicher bist, wie du das Thema Arbeitssicherheit in deinem Betrieb effizient aufstellst, lade ich dich zu einem persönlichen Workshop ein. Dort erarbeiten wir gemeinsam ein System, das rechtssicher ist und gleichzeitig praktisch funktioniert.

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